Inklusivität in Reallaboren
In unserem Blog geht es um inklusive Reallabore. Was Inklusivität allgemein und speziell in der Reallaborforschung heißt, soll in diesem Blogbeitrag erläutert werden.
Was bedeutet Inklusion?
„Für uns steht Inklusion für eine offene, pluralistische und moralisch integre Gesellschaft. Sie kann nur gelingen, wenn über die politische Bereitschaft hinaus ein Perspektivenwechsel möglich und der Umgang mit dem eigenen Selbst und der Haltung gegenüber anderen hinterfragt wird. Inklusion ist kein einfach herzustellender Zustand, der sich per se habituell verankern lässt, sondern ein Prozess der Transformation, welcher mit Irritationen und der Auseinandersetzung mit der eigenen Vulnerabilität und der Anderer einhergeht.“ (Ferencik-Lehmkuhl et al. 2023, S.9)
Dieses Zitat beschreibt sehr schön, was Inklusion bedeuten kann. Inklusion impliziert darin einen selbstreflektierten Umgang mit sich selbst und anderen Menschen und die Hinterfragung von Strukturen und Verhaltensweisen, um in einem dynamischen Prozess, durch Lernen und Verlernen für eine diversere Gesellschaft zu sorgen. Inklusion ist keine Entscheidung, die getroffen wird, sondern eine Praxis, die immer wieder neu konstruiert werden muss. Dabei soll jeder Mensch gleichberechtigt und selbst bestimmt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen dürfen und können. Das Ziel ist, dass kein Mensch exkludiert wird, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Herkunft, Alter, Religion, Klasse.
„Alle Menschen sollen ermutigt werden, ‚die Kompetenz erwerben und die Freiheit realisieren können, sich einzumischen (oder auch nicht)‘“.
Laut Bundeszentrale für politische Bildung bedeutet Inklusion eine „Überwindung illegitimer sozialer Spaltungen“ (Meyer et al. 2020, S. 12). Alle Menschen sollen ermutigt werden, „die Kompetenz erwerben und die Freiheit realisieren können, sich einzumischen (oder auch nicht)“. Inklusive politische Bildung impliziert ein „Empowerment von Menschen, für die das Verstehen politischen Geschehens in besonderem Maße erschwert ist und somit auch der Erwerb von Kompetenzen als Voraussetzung für politische Beteiligung“ (Meyer et al. 2020, S.12). Damit ist nicht nur ein barrierefreier Zugang zu Räumlichkeiten, sondern inklusive Sprache und die Vermittlung von Wissen gemeint. Alle Menschen müssen also so einbezogen werden, dass sowohl der Prozess als auch das Ergebnis inklusiv sind und viele Bedarfe, Perspektiven und Wünsche integriert werden.
„Inklusion ist auch in den Sustainable Development Goals (SDG) der UN verankert und zählt somit als ein internationales Menschenrecht.“
Inklusion ist auch in den Sustainable Development Goals (SDG) der UN verankert und zählt somit als ein internationales Menschenrecht. Insbesondere das SDG 16, das Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen propagiert bedeutet konkret, dass „die Entscheidungsfindung auf allen Ebenen bedarfsorientiert, inklusiv, partizipatorisch und repräsentativ“ umgesetzt werden muss (BMZ). Im Kontext der Reallabore geht es um die inklusive Gestaltung von Reallaboren, also die konkrete Umsetzung von inklusiven Maßnahmen in der Prozessgestaltung.
Warum ist der Begriff der Inklusivität so wichtig für die Reallaborforschung?
In der Reallaborforschung nehmen Inklusivität und Partizipation eine zentrale Rolle ein. Reallabore sind Testräume, in denen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft gemeinsam an zukunftsfähigen Lösungen arbeiten. Insbesondere der Einbezug der Zivilgesellschaft spielt dabei eine wichtige Rolle. Inklusivität ist hier ebenfalls breit gedacht. Inklusivität sieht eine echte und aktive Beteiligung aller Beteiligten an den Forschungsprozessen vor. Transdisziplinäre Forschungsarbeit wird durch die Vielzahl der Perspektiven, Fachbereiche und Menschen erst ermöglicht.
„Inklusivität bedeutet im Kontext der Reallabore auch, dass die Beteiligten nicht nur als passives Publikum betrachtet werden, sondern aktive und zentrale Mitgestalter des Forschungsprozesses sind.“
Es geht darum, dass sich alle Beteiligte bei der Entwicklung und Umsetzung der Forschungsprozesse gleichermaßen beteiligen können und auch die Fachsprachen der Politik und Wissenschaft so verwendet werden, dass sie für jeden Menschen verständlich sind. Inklusivität bedeutet im Kontext der Reallabore auch, dass die Beteiligten nicht nur als passives Publikum betrachtet werden, sondern aktive und zentrale Mitgestalter*innen des Forschungsprozesses sind. Auf partizipative und kooperative Weise stellen somit unterschiedliche Meinungen, Erfahrungen und Perspektiven der Menschen den Nährboden transformativer Forschung dar. Und wenn diese Basis nicht inklusiv gestaltet ist, also für alle Menschen zugänglich und verständlich ist, dann kann ein gesamtgesellschaftlicher Wandel kaum funktionieren. Aus diesem Grund müssen Reallabore zwangsläufig inklusiv gestaltet sein, um langfristig Erfolg zu haben.
Quellen:
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Agenda 2030 SDG 16. Online verfügbar unter: https://www.bmz.de/de/agenda-2030/sdg-16, letzter Zugriff am 16.03.2023.
Ferencik-Lehmkuhl, Daria; Huynh, Ilham; Laubmeister, Clara; Lee, Curie; Melzer, Conny; Schwank, Inge; Weck, Hannah; Ziemen, Kerstin (2023) Inklusion digital! Chancen und Herausforderungen inklusiver Bildung im Kontext von Digitalisierung. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
Hilpert, Wolfram (2018): Das Konzept der bpb-Reihe „einfach POLITIK“ im Kontext des didaktischen Diskurses- Politische Bildung als Aufgabe. Inklusivität als Anspruch. Bundeszentrale für politische Bildung. Online verfügbar unter: https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/Politische%20Bildung%20als%20Aufgabe%20%282%29.pdf , letzter Zugriff am 16.03.2023.
Meyer, Dorothee; Hilpert, Wolfram; Lindmeier, Bettina (Hg.) (2020): Grundlagen und Praxis inklusiver politischer Bildung. Dorothee Meyer/Wolfram Hilpert/Bettina Lindmeier (Hrsg.). Bonn (Schriftenreihe / Bundeszentrale für Politische Bildung, Band 10230).
Reallabornetzwerk: Was ist ein Reallabor. Online verfügbar unter: https://www.reallabor-netzwerk.de/zentrale-begriffe/was-ist-ein-reallabor/, letzter Zugriff am 16.03.2023.